Ptosiskorrektur durch Brauensuspension mit autologer fascia lata

MARKUS J. PFEIFFER

Einleitung

Eine Ptosis, die wegen mangelhafter Levatorfunktion nicht mittels Lidheberchirurgie operiert werden kann, lässt sich meist durch Suspension des Lides an der Augenbraue korrigieren. Zwischen Lidrand und Augenbraue werden Sehnenstreifen implantiert, die bei Hebung der Augenbraue durch den Stirnmuskel die hebende Kraft auf das Lid übertragen. Gleichzeitig kann man durch die Implantation die Lidfurche herstellen. Voraussetzung ist eine spontane kompensatorische Brauenhebung des Patienten. Als Suspensionmaterial eignet sich besonders autologe fascia lata, die aus dem Oberschenkel entnommen wird. Siehe Entnahme von fascia lata

Summary

Ptosis with insufficient levator function can be corrected by brow suspension. The mechanical connection of the tarsal plate via the preseptal lid lamella to the brow can provide both eyelid elevation and skin crease formation.
Autologous fascia lata is the most appropiate suspension
material. We recommend the implantation through an open eyelid access, where the fascia can be fixed on the tarsal plate and introduced in an oblique manner through the preseptal lamella to the brow.

Ziele der Brauensuspension

Die Ptosischirurgie sollte zwei funktionelle Ziele erreichen:

1. Ausreichende Lidhebung

2. Ausreichenden Lidschluss

Falls eines oder beide Ziele nicht durch Levatorchirugie errreicht werden kann, handelt es sich um eine komplizierte Ptosis, die alternativ durch Brauensupension korrigiert werden kann. Auch bei der Brauensupension muss beachtet werden, dass die beide Ziel antagonistisch sind, d.h. eine Verbesserung der Lidhebung schwächt den Lidschluss und umgekehrt. Bei der Justierung der Lidhebung muss also ein Mittelweg gefunden werden, um beiden Zielen gerecht zu werden. Die unten beschriebene modifizierte schräge Implantationtechnik nach Crawford hat den Vorteil, dass die Elastizität des Oberlides weitgeend erhalten bleibt.

Indikationen für die Brauensuspension

Komplizierte angeborene Ptosis

Komplizierte erworbene Ptosis

Myogene Ptosis:

(z.B. Chronisch progressive externe Ophthalmoplegie)

Blepharophimosesyndrom

Neurogene Ptosis

Marcus Gunn Syndrom

Ptosis bei Lidapraxie

 

Voraussetzungen für die Brauensupension

1. Stirnmuskelaktivität (Frontalismuskel) und Beweglichkeit der Augenbraue: die normale Beweglickeit der Augenbraue beträgt 15 bis 25 mm. Dabei ist die Beweglichkeit nach oben gleich wichtig wie die Senkung. Bei Fällen mit Lähmung des Stirnmuskels ist die Suspension wirkungslos.

2. Normalerweise führt ein Ptosis zu einer spontanen Brauenhebung auf der gleichen Seite (spontane Kompensation). Bei beidseitiger Ptosis ist die Kompensation meist intakt. Bei einseitiger Ptosis findet man in ca. 10 % der Fälle ein fehlende Kompensation, die auf eine Amblyopie auf der Seite der Ptosis zurückzuführen ist. Die Amblyopie verhindert die spontane Brauenhebung. Als einzige Lösung gilt in diesen Fällen die Desinsertion des Lidhebermuskels auf der gesunden Seite, die zur Ptosis führt und die anschliessende beidseitige Korrektur durch Brauensupension.

3. In sehr seltenen Fällen (ca. 1-2% der normalen Bevölkerung) wird der Stirnmuskel asymmetrisch oder auf einer oder beiden Seiten individuell innerviert.

4. Bei ca. 2% der Patienten mit komplizierter Ptosis findet sich eine Kombination aus asymmetrischer Innervation mit Amblyopie. Falls auf der Seite der Amblyopie auch ein individuelle Innervation des Stirnmuskels besteht, kann die Ptosis nicht mittels Brauensupension korrigiert werden.

Chirurgische Prinzipien der Brauensupension

  1. Brauenmotilität: Kopplung zwischen Stirnmuskel und Braue

Die unelastische Haut der Stirn überträgt die hebende Wirkung vollständig auf die Augenbraue. Deshalb ist es nicht notwendig Suspensionsmaterial oberhalb der Braue zu implantieren.

  1. Lidmotilität: Kopplung zwischen Braue und Lid

Die Brauenmotilität und Lidmotilität sind normaleweise fast unabhängig voneinander. Das implantierte Suspensionsmaterial überträgt die Bewegung de Braue auf das Lid.

  1. Geeignetes Suspensionmaterial: autologe fascia lata

Autologe fascia lata ist das einzige Material, das ich für die Suspension verwende. Alternativ kann die fascia temporalis implatantiert werden.

Homologes Gewebe wird resorbiert und ist deshalb ineffektiv. Synthetische Materialen werden in > 50 % abgestossen (Fremdkörperreaktion).

  1. Lidschluss: Schräge Implantation

Ein schräge Implantation erleichert den Lidschluss mittels einer verbesserten Elastizität.

  1. Herstellung der Lidfurche

Beidseitige Ptosis ohne Lidfurche präoperativ.

Postoperativ: ausreichende Lidhebung und Bildung der Lidfurche.

Beidseitige Ptosis ohne Lidfurche präoperativ.

Postoperativ: ausreichende Lidhebung und Bildung der Lidfurche.

 

Markierung der Fixationspunkte auf dem Tarsus: Das Oberlid wird in vier Viertel eingeteilt. Die Grenzen bilden die Lidwinkel und das Lidzentrum über der Pupille (Z) , sowie die mediale (M) und laterale (L) Unterteilung. Die Inzision verläuft in der roten Linie.

Markierung der Braueninzision: nasale Inzision (N) über dem medialen Kanthus (M); temporale Inzision (T) über dem lateralen Kanthus (L)

 

Geometrie der Implantation von fascia lata

Meine Technik der Implantation basiert auf der Technik nach Crawford in modifizierter Form. Dadurch kann eine verbesserte Elastizität des Lides bei Lidschluss und Lidschlag sowie ein deutlichere Lidfurche erreicht werden. Das Zentrum des Lides wird mit der medialen und lateralen Peripherie der Braue verbunden.

Vierfache schräge Implantation in separaten Tunneln

Retroseptale Implantation zur Betonung der Lidfurche

Vom der Lidmitte (Z) ausgehend werden die Fasziensreifen in vier separaten Tunneln zur nasalen (N) und temporalen (T) Braueninzision geführt und in der Inzision gebündelt.

Die Lidmitte (Z) bleibt flexibel für den Lidschluss. Die schräg implantierten Faszienstriefen beschreiben eine Schwenkbewegung.

 

 

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